1. Juni 2010

LH Private Jet - Neukundenpromotion versaut

Gleich drei neue Serwitz-Regeln liefert Lufthansa Private Jet. Reife Leistung.


Eine tolle Aktion, die Lufthansa Private Jet sich hat einfallen lassen: Statt der üblichen spärlichen 10.000 Meilen pro Flug gab es im Rahmen der 5-Jahres-Promotion 50.000 Meilen. Damit wurde das an sich sehr teure Angebot von Lufthansa plötzlich attraktiv. Für zwei Zielgruppen: Die, die bisher wegen besserer Gesamtkonditionen bei der Konkurrenz gebucht haben und "Statusschleichern".


Statusschleicher? Das sind Leute, die mit ihrem normalen Flugverhalten einen bestimmten Status nie erreichen würden, aber durch Sonderaktionen ganz gezielt Statusmeilen anhäufen. Spricht für das LH-Marketing, daß Menschen Zeit und Geld für Status opfern.


Jedenfalls wurde die Promotion in den Internetforen als billiger Weg zum HON angepriesen. Je nach Vorqualifikation konnte man so mit 20-30.000 EUR Einsatz den begehrten Top-Status erreichen. Vorausgesetzt, man bekommt genug andere Verrückte auf den Maschinen gebündelt. Das setzt einiges an unternehmerischen Engagement voraus.


Lufthansa hatte Angst um den Top-Status und verschärfte kurz nach Start die Regularien, um dem Statusschleichen einen Riegel vorzuschieben. Das ist schon unschön: Denn dadurch wurde das Buchen im Aktionszeitraum auch für echte Kunden erschwert. Und wieviel Statusschleicher wirklich alle Anforderungen dann letztlich erfüllt hätten, bleibt offen.


Wir lernen zweierlei daraus:


Dritte Serwitz-Regel: Ja nicht vorher denken.


Vierte Serwitz-Regel: Wenn eine Minderheit von 100 Verrückten ein Sonderangebot ausnutzen könnte, muß man dem sofort einen Riegel vorschieben. Egal, was mit den echten Kunden passiert.


Tatsächlich ist Lufthansa PrivateJet eher hochpreisig. Die Aktion machte das Angebot aber attraktiv: 50.000 Meilen sind ja auch einiges wert. Zusätzlich noch ein Preisnachlass von 5% auf die regulären Preise. Das lässt manchen Mitbewerber unattraktiv erscheinen, der sonst günstiger ist.


Wer jetzt sagt: Eh alles purer Luxus, hat weit gefehlt. Tatsächlich ist das ab einer gewissen Gruppengröße einfach günstiger als entsprechend viele Business-Class-Tickets. Mit der Aktion war das sogar richtig attraktiv.


Aber Lufthansa fühlte sich so überlastet, daß man noch nicht mal mehr Buchungsanfragen beantwortete. Stattdessen wurden die potentiellen Neukunden per Einblendung im Miles & More-Portal informiert, daß die Private Jets ausgebucht sind.


Das ist tolle Neukundenwerbung für das "Top-Produkt". Ja, da fühlt man sich richtig ernstgenommen und chartert gerne mal einen 6-Sitzer für ca. 10.000 EUR "return", wenn noch nicht mal die Buchungsanfrage beantwortet wird.


Liebe Lufthansa PrivateJet: Wie man Bestandskunden nicht hält, zeigt Euch ja schon das Lufthansa Alltagsgeschäft. Wie man Neukunden nicht gewinnt, habt Ihr gerade gut vorgemacht.


Und wie seht Ihr die nächsten 5 Jahre?


Ich sehe schwarz. Denn ohne Kunden wird das alles nichts.


Fünfte Serwitz-Regel: Angewandtes Customer-Relation-Management bedeutet, Bestandskunden zu verprellen und Neukunden nicht anzunehmen.